Immer wieder lese ich von Autoren, sie schreiben, weil ihre innere Stimme nach außen drängt, weil sie der Welt etwas hinterlassen wollen, weil etwas von ihnen bleiben soll.
Schreibe ich auch deswegen?
Nein, denn ich habe der Nachwelt schon etwas hinterlassen, das weit wertvoller ist als ein Buch. Ich habe zwei Kinder und zwei Enkelkinder und hoffe, dass wir ihnen eine weiterhin lebenswerte Welt erhalten, dass sie es auch in vielen Jahren noch sein wird.
Mein Buch, oder meine Bücher, denn es sollen mehrere werden, werden sicherlich bald vergessen sein. Vielleicht werden sie als Feuerungsmaterial benötigt, gehen auf in Rauch und Asche. Vielleicht schenken sie dadurch Wärme, was zumindest lohnend wäre, auch wenn es nicht gerade mein auserkorenes Ziel ist.
Eventuell landen sie im Papiercontainer und werden so zum Beispiel zu Toilettenpapier. Kommen wieder einmal Zeiten wie die der Corona-Pandemie auf uns zu, trage ich so zumindest dazu bei, dass die Regale in den Supermärkten länger gefüllt bleiben und die Sammler unter den Menschen mehr Klopapier hamstern können. Sollten meine Bücher jemals als E-Book oder Hörbuch erscheinen, wird ihnen nicht einmal dieses Schicksal vergönnt sein, sie werden sang- und klanglos verschwinden, irgendwann.
Warum also schreibe ich?
Ich habe SchriftstellerInnen schon immer bewundert. Wenn ich mich wieder einmal in einer Geschichte verloren habe, wenn ich stunden- und nächtelang gelesen habe, fasziniert war vom Leben anderer Menschen, immer dann dachte ich, das möchte ich auch können. Sätze formulieren, die andere Menschen begeistern, Geschichten erfinden, die anderen Menschen ein paar schöne Stunden bescheren. Gleichzeitig erklang eine Stimme in mir, die mir zuflüsterte ›das wirst du nie können‹. Aber ich träumte weiter, brachte irgendwann die Stimme zum Verstummen und wagte mich in das Abenteuer, ein Buch zu schreiben. Es war Silvester 2021. Der Tag, an dem ich beschloss, es zu versuchen (siehe Blog-Artikel ›Wie ich zum Schreiben kam‹). Dieser Tag hat mein Leben verändert.
Der Prozess des Schreibens hat großen Spaß gemacht und bereitete mir viel Freude. Meine Fantasie spielen zu lassen, Charaktere zu erschaffen, im Wald zu laufen und eine Idee zu haben, wie es weitergehen könnte. Das waren unglaubliche Erfahrungen, die mich glücklich gemacht haben und nicht zuletzt auch stolz. Ich, ja, ich habe es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben. Das ist ein wunderbares Gefühl.
Nun hätte ich es dabei belassen können. Ich hatte mir bewiesen, dass ich es konnte. Aber nein, ich wollte meine Geschichte raus in die Welt schicken, suchte einen Verlag und fand einen. Ich wollte veröffentlichen. Nicht, weil ich dachte, meine Texte könnten die Welt verändern, besser machen, seien wertvoll, könnten anderen in ihrer Lebenssituation helfen oder was auch immer gesagt wird. Die Welt hat sicher nicht auf mein Buch gewartet. Und trotzdem wollte ich, dass andere Menschen mein Buch kaufen und lesen. Wollte ich Bestätigung? Ja, das wollte ich. Bestätigung, dass mein Werk gut ist, dass ich durch meine Arbeit anderen ein paar schöne Stunden bereiten kann, so wie es mir mit Büchern von anderen Autoren und Autorinnen ergangen ist.
Wie ich allerdings mit schlechten Rezensionen umgehen werde, und die werden sicherlich kommen, kann ich noch nicht sagen.
Sollte ich auch noch ein wenig Geld verdienen, werde ich auch das nehmen, und zwar mit großer Freude. Ich habe es nicht nötig, ich bin Rentnerin. Mein Geld, das ich zum Leben benötige, kommt jeden Monat auf mein Konto, ohne dass ich einen Finger rühren muss. Aber für ein zusätzliches Einkommen finde ich eine Verwendung, mit Sicherheit. Ich weiß, ich werde die Verkaufszahlen beobachten, werde gespannt sein, ob und vor allem wieviel ich verkauft haben werde, werde enttäuscht sein, wenn es nur wenige Bücher sein werden, werde glücklich und stolz sein über jedes verkaufte Exemplar.
Um das zu forcieren, organisiere ich Lesungen. Vor meiner ersten Lesung habe ich Bammel. Aber auch das werde ich hinbekommen. Mein Buch, mein Bild auf dem Plakat der Lesungsankündigung zu sehen, auch das erfüllt mich mit Freude – und mit Stolz. Mein Selbstwertgefühl ist gestiegen – auch das ist ein wunderbares Gefühl.
Bin ich deswegen womöglich narzisstisch veranlagt? Vermutlich ja, denn sonst wäre ich nicht in der Lage, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Durch das, was ich geschafft habe, ist meine gesunde narzisstische Persönlichkeit etwas gewachsen.
Laut Stefan Röpke, der an der Charité ein Forschungsprojekt zum Thema Narzissmus leitete, ist ein gesunder Narzissmus nur von Vorteil.
Damit wird man weniger krank, kann Konflikte besser lösen, hat stabilere Partnerschaften.
Na dann. Auf zu neuen Büchern!
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