An den Inhalt meines ersten Bilderbuches erinnere ich mich nicht mehr, aber ich weiß noch genau, dass ich es unendliche Male durchgeblättert habe, denn ich hatte nur dieses eine Buch. Mit der Zeit kamen ein paar andere dazu, Hänschen im Blaubeerwald, der Struwwelpeter und Max und Moritz. Für mehr Bücher hatten wir kein Geld.
Erst in meiner Grundschulzeit kam ich in den Genuss, weitere Bücher zu lesen. Wir wohnten im Schulgebäude und meine Mutter leitete die Schulbücherei. So konnte ich aus den Regalen nehmen, was mir gefiel – und mir gefiel vieles. Bücher wurden so zu meinem ständigen Begleiter.
Irgendwann musste ich mir überlegen, womit ich in meinem Erwachsenenleben mein Geld verdienen wollte. Zwei Berufe kamen in die nähere Auswahl: Buchhändlerin oder Physiotherapeutin. Zuerst bekam ich die Zusage an einer Schule für Physiotherapie, so war die Entscheidung gefallen und das Lesen von Büchern blieb weiter ein reines Hobby.
1983 wurde meine Tochter geboren. In ihrem Kinderzimmer füllten Bücher bald mehrere Regale. Ich las vor, bis ich mir den Mund fusselig geredet hatte, sie konnte nicht genug davon haben. Als sie ungefähr vier Jahre alt war, schrieb ich die erste Kindergeschichte. Das Kälbchen Braschwa. Sie handelte vom Bauern Schwarz, der ausschließlich schwarze Kühe hatte. Mit seinem Nachbarn Bauer Braun, der lauter braune Kühe besaß, war er verfeindet und achtete akribisch darauf, dass seine Kühe denen des Bauern Braun niemals zu nahekamen. Allerdings war dies den Kühen egal, sie fanden Mittel und Wege und irgendwann stand ein schwarzbraunes Kälbchen auf der Wiese, Braschwa. Das machte der jahrelangen Feindschaft der Bauern ein Ende.
Dieses ›Manuskript‹ liegt heute noch in handgeschriebener Version in meiner Schreibtischschublade.
Neun Jahre später kam mein Sohn zur Welt. Für ihn schrieb ich die Geschichte Tom Ferkel und das Herz-Weh-Gefühl. Tom Ferkel besucht Oma Berta, ganz allein, ohne die Mama. Dort erlebt er einige Abenteuer, spielt mit Fritz Frischling, suhlt sich in der Matschgrube und ist glücklich und zufrieden. Doch nach ein paar Nächten macht sich ein seltsames Gefühl in Tom Ferkels dickem Bauch bemerkbar, das Herz-Weh-Gefühl, das erst verschwindet, als seine Mama ihn wieder in die Arme schließt.
Diese Geschichte schrieb ich immerhin schon mit dem Computer, auch sie hat weiter ihren Platz in der Schublade.
Die nächste Kindergeschichte schrieb ich für meinen Enkel zum 6. Geburtstag. Sie hieß Raffo und Elefa und handelt von einem Elefantenmädchen, das ganz allein ist und keine Freunde hat, und von einem Giraffenjungen, der Elefa aus einer misslichen Lage befreit. Von da an sind sie unzertrennlich.
Diese Geschichte habe ich auch mit dem Computer geschrieben, selbst illustriert und als Ringbuch gebunden. Ich verschenkte sie nicht nur an meinen Enkel, sondern auch an wenige andere Kinder.
Nach einem Urlaub auf Santorini schrieb ich meine erste Kurzgeschichte Die Hexe von Santorini. Santorini faszinierte mich genauso wie die vielen Esel, die auf dem langen steinigen Weg vom Meer bis hinauf ins Dorf standen. Mit traurig hängenden Köpfen trugen sie die Touristen, die mit Schiffen im Hafen ankamen und zu faul zum Laufen waren, nach oben ins Dorf und auch wieder hinunter. Damals ahnte ich noch nicht, dass diese Geschichte einmal Einzug in meinem ersten veröffentlichten Roman Fassadenbrüche halten würde.
Gleichzeitig schrieb ich einige Gedichte. Auch davon ist eines in meinem Roman zu finden.
Lange Zeit war ich dann nicht mehr kreativ tätig. Meine Praxis für Physiotherapie und meine Praxis für Naturheilkunde nahmen mich zu sehr in Anspruch.
Die Idee, meinen lang gehegten Traum endlich zu verwirklichen und einen Roman zu schreiben, kam bei einer privaten Silvesterfeier im Jahre 2021 (jetzt war ich Rentnerin). Wir saßen in gemütlicher Runde zusammen und, wie an Silvester üblich, sprachen wir über unsere jeweiligen Vorsätze für das neue Jahr.
Bis dahin hatte ich selbst keinen gefasst, aber in dem Moment, als ich gefragt wurde, wusste ich, was ich tun wollte. Ich würde im neuen Jahr ein Buch schreiben. Dieses Vorhaben fand ich so vermessen, dass ich mich nicht traute, es in unserer Freundesrunde zu erzählen. Ich vertröstete sie auf das nächste Jahr. Sollte es mir tatsächlich gelingen, ein Buch zu schreiben, würde ich es dann erzählen.
Weder wusste ich, worüber ich schreiben wollte, noch wie das geht.
Zwei Tage später, ich musste schließlich an Neujahr erst regenerieren, setzte ich mich an meinen Laptop und begann mein Werk. Ich begann mit eben dieser Szene am Silvesterabend.
Wie es weiterging, könnt ihr im nächsten Blogartikel erfahren.
Liebe Gabriela, ich frage mich, ob die Kinder Bücher nicht auch ihren Weg in die Öffentlichkeit finden sollten. Denn die Herz-Weh- Geschichte klingt doch spannend. Vielleicht findet sich eine Illustratorin?